Alle Zeichen auf Automation – Jens Fiebig über Brauerei-Trends, Herausforderungen und die anstehenden Highlights der BrauBeviale 2023.
Die Transformation hat spätestens seit der Energiekrise die gesamte Braubranche erfasst. Digitalisierung und Modernisierung stellen gerade mittelständische Brauereien vor enorme Herausforderungen. Wo können wir Energien noch effizienter nutzen, Prozesse sinnvoll automatisieren und die Produktion auch für kleine Qualitätsbrauereien noch wirtschaftlicher und nachhaltiger gestalten? Um Sie auf die bedeutendste Leitmesse der Braubranche, die BrauBeviale in Nürnberg, einzustimmen, haben wir unseren Brauereiexperten Jens Fiebig spontan zum Automations-Talk gebeten.
Profil Jens Fiebig
Projektleiter und Bierliebhaber
über 20 Jahre Brauerei-Erfahrung
Jens Fiebig ist der Spezialist, wenn es um die Automation rezepturgesteuerter Prozesse in der Brauerei geht. Dank seiner außergewöhnlichen Erfahrung und Verfahrenskompetenz begleitet der studierte Lebensmitteltechnologe (TU München) unsere Kunden weltweit auf ihrem Weg zur effizienten und nachhaltigen Produktion.
Auf einer Automatisierungskala von 1-10: Wo stehen Deutschlands Brauereien im internationalen Vergleich?
Wir befinden uns so ziemlich im Mittelfeld, also eine gute 5, mit Tendenz klar nach oben. Alle Karten liegen auf dem Tisch, gerade die kleinen Mittelständler holen auf. Als Biernation Nummer 1 müssen wir allerdings noch ein bisschen zulegen (schmunzelnd).
Wo gibt es hierzulande den größten Nachholbedarf, wo liegen die größten Herausforderungen?
Zum einen die anlagenübergreifende Automation, zum anderen die automatisierte und effiziente Produktionsplanung. Hier müssen die Brauereien besser werden, weil sie enormes Potenzial verschenken. Das bedeutet ebenenübergreifende Kommunikation und veraltete Komponenten auf den neuesten Stand zu bringen. Das klingt erstmal nach viel Arbeit. Dank modernster Steuerungs- und Prozessleittechnik sind jedoch die meisten Maßnahmen ohne größere Umbauten und Stillstandzeiten umsetzbar.
Einen Plan für die Zukunft
Auf Basis einer genauen Bestandsaufnahme können wir Ihre Brauerei effizienter, wirtschaftlicher und qualitativ besser machen. Ein gutes Automatisierungskonzept ist der Schlüssel.
Wo liegen die Chancen, gerade für kleine und qualitätsorientierte Brauereien?
In Zukunft wird Qualität auch in kleinen Chargen vollautomatisiert möglich und effizient darstellbar sein. Automation ist nicht mehr lediglich für die großen Kaliber, sondern mittlerweile auch für kleine mittelständische Brauereien interessant, die mit individuellen Sorten und einzigartigen Charaktereigenschaften den Markt bespielen. Die Technologie und Software machen es möglich und ab sofort auch für auflagenschwache Biersorten erschwinglich.
Alle reden von Energieeinsparungen. Welchen Beitrag kann Automatisierung im Energiemanagement einer Brauerei leisten? Wo sind die wichtigsten Ansatzpunkte?
Für mich klar beim automatisierten Einsatz von Produktionsplanung und Energiebereitstellung. Hier ist es heute schon möglich, besser und zukunftsorientierter zu planen und so Verbrauche zu minimieren.
Über eine durchgängige Automatisierung können Anlagen im Umfeld, beispielsweise eine Abfüllmaschine, on demand an- und abgeschaltet werden. Ein Dampfkessel wird somit erst dann hochgefahren, sobald er wirklich benötigt wird, ohne den ganzen Tag in Standby-Modus zu verweilen. Gerade im Bereich der vernetzten Anlagensteuerung und Automatisierung sehe ich große Einspar- und Rückgewinnungsmöglichkeiten, da die Anlage intelligent durch diverse Algorithmen zu- und abgeschaltet werden kann.
Zusätzlich können wir die Produktionsplanung in die Automatisierung mit einbinden, den Energiebedarf über den ganzen Tag gleichmäßig verteilen oder bei einer angeschlossenen Solaranlage auf den Tag legen, um regenerative Energien effizienter zu nutzen.
”Grundsätzlich gilt: überall wo durch Automation Ressourcen eingespart werden können, reduzieren wir auch unseren CO2-Footprint.
Jens FiebigProkurist und Projektleiter
Welchen Beitrag kann Automatisierung auf dem Weg zur Dekarbonisierung leisten?
Durch vorausschauenden und automatischen Betrieb von Anlagen und deren Umfeld, kann eine Senkung des Energieverbrauchs und damit der Energiekosten erzielt werden. Gerade im Bereich der Wärmerückgewinnung bietet Automation hier vielfältige Chancen, um verfügbare Energie sinnvoll zu nutzen und Abwärme anderen Prozessen bereitzustellen. So kann Nachhaltigkeit auch wirtschaftliche Potenziale freisetzen, die den Wandel zur CO2-neutralen, autarken Brauerei beschleunigen.
Auf welche Neuheiten im Automatisierungsbereich dürfen wir uns auf der Messe freuen?
Ganz klar die nächste Generation der Siemens Steuerungen. Mit der Markteinführung der S7-1500 Steuerung im Bereich Prozessautomation profitieren Brauereien von enormen Kosten- und Effizienzvorteilen. So kann beispielsweise die Zykluszeit bei der Überwachung beschleunigt werden, gleichzeitig können durch den Austausch mit einer herkömmlichen 416er Steuerung bis zu 45 % der Komponentenkosten eingespart werden. Die einfache Kopplung zum Umfeld durch verschiedenste Bordmittel der Steuerung bietet zudem den Vorteil, dass die Anlagenteile besser vernetzt werden können.
Ein weiteres wichtiges Thema sind die Standardschnittstellen von Maschinen. Neu ist hier, dass jeder Maschinenbauer heute in seiner Steuerung Standardschnittstellen über genormte Protokolle anbietet. Damit ist die Einbindung in die Gesamtanlagen problemlos möglich und man spart bei der Projektierung von Gesamtlinien enorm viel Zeit und Geld durch den Wegfall der Schnittstellenklärung. Dabei können die einzelnen Maschinen direkt in die Aufzeichnung von Messwerten und Produktionsplanungen mit einbezogen werden. Folglich können Reaktionen auf Ereignisse mittlerweile fast in Echtzeit erfolgen.
Welche Rolle wird KI künftig im Brauprozess spielen? Wo liegen die Chancen, wo die Risiken?
Zunächst einmal kann KI für die automatische Reaktion auf Änderungen im Brauprozess künftig einen wichtigen Beitrag leisten, die Erfahrung von Braumeistern speichern und zu einem gewissen Teil ersetzen. Um so größer ist allerdings auch das Risiko, menschliche Erfahrung zu verlieren. Hier müssen Chancen und Risiken immer hinterfragt und gegeneinander abgewogen werden, gerade bei der Produktion von Lebensmitteln.
Im Rahmen der digitalen Transformation dreht sich alles um Datentransparenz und -verfügbarkeit. Wie kann eine bedarfsgerechte Automation hier zum Gamechanger werden?
Ein transparenter Prozess, der alle Prozessparameter zuverlässig aufzeichnet, kann so gestaltet werden, dass hier reaktionsschnell auf Änderungen im Ablauf reagiert werden kann. So entstehen Produkte von gleichbleibender Qualität. Hinzu kommt das immer wichtiger werdende Thema der Rückverfolgbarkeit, d.h. der Endkunde möchte auf Knopfdruck sehen, woher sein Produkt stammt. Nur mit einer durchgängigen Automation ist dies transparent und effizient realisierbar.
Noch Fragen?
Dann besuchen Sie uns doch einfach auf unserem Messestand vom 28. – 30. November in Nürnberg.
Wir freuen uns auf Sie!
Messe Nürnberg
Halle 7
Stand 7-320